Feigenbaum

Traditionsreich: Birkenrinde als Beschreibstoff

Birkenrinde wurde bereits im Mittelalter als Beschreibstoff verwendet. Harald Haarmann schreibt in seiner „Geschichte der Schrift“ über einen bedeutenden russischen Fund:

Berühmt ist das Birkenrindenschrifttum aus dem mittelalterlichen Nowgorod, wo sich die Handelswege von Skandinavien bis Byzanz und von Moskau bis in die Hansestädte an Nord- und Ostsee kreuzten. Der bevorzugte Gebrauch von Birkenrinde als Beschreibstoff weist nicht nur darauf hin, daß man in Nowgorod ein billiges Material dem teuren Pergament vorzog, sondern auch darauf, daß die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben nicht auf einen kleinen Kreis speziell ausgebildeter Schreiber beschränkt war.

Briefe von Soldaten an der Front auf Birkenrinde. In der Wienbibliothek im Rathaus sind neuere Beispiele für diesen Beschreibstoff erhalten, ebenfalls aus dem russischen Raum. Der Wiener Bürgermeister Richard Weiskirchner beauftragte im Jahr 1914 die städtische Bibliothek und das städtische Museum, eine Weltkriegssammlung anzulegen, in der die „große Zeit“ dokumentiert werden sollte. Diese umfangreiche und einzigartige Sammlung umfasst verschiedenste Materialien vom Plakat bis zum „Kriegsbrot“ – allein die 116.000 Zeitungsausschnitte füllen heute mehr als sechshundert Bände. Weiskirchner betätigte sich auch selbst als Sammler und steuerte etliche Objekte bei, zum Beispiel an ihn gerichtete Briefe, Karten und Telegramme. Im Bild ein Beispiel für Briefe auf Birkenrinde, in denen sich Soldaten von der russischen Front bei „ihrem Bürgermeister“ für „Liebesgaben“ (etwa Tabak) bedankten.

Auch die Rinde anderer Bäume wird als Schreibmaterial verwendet: Ursprünglich aus Polynesien und Indonesien stammt „Tapa“, ein Material, für das Rindenbast von Brotfrucht-, Maulbeer- oder Feigenbäumen zu einem Faservlies geklopft wurde – ähnlich der Herstellung von Papyrus. Die Technik verbreitete sich auch nach Mittel- und Südamerika, wo das Produkt noch heute u.a. aus der Rinde des Jonote-Baumes hergestellt wird und Amate oder Amatl genannt wird. Rinde kann man also nicht nur direkt beschreiben, sondern auch zu einem papierähnlichen Stoff verarbeiten.

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