Deutschland

Studium: Urbanes Baum- und Waldmanagement

Farbphoto, Baum ohne Blätter vor Gebäude in städtischem Umfeld„Urbanes Baum- und Waldmanagement“ kann man an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Göttingen studieren. Das ist der einzige wald-/forstwissenschaftliche Studiengang mit dieser Ausrichtung.

In stadtnahen Wäldern spielen die Einnahmen aus der Forstwirtschaft eine untergeordnete Rolle. Vielmehr prägen Erholungs- und Schutzfunktionen des Waldes sowie die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung die Waldbewirtschaftung. Zudem fühlen sich die Bürger*innen in stärkerem Maße für ihren Wald verantwortlich.

Sie lernen in diesem Studiengang, diese verschiedenen Interessen am urbanen Wald zu erkennen und in Ihre fachlichen Entscheidungsprozesse mit einzubinden. Dafür erwerben Sie profunde Kompetenzen u. a. in folgenden Bereichen:

  • Urbaner Waldbau
  • Pflege und Entwicklung von urbanem Grün
  • Ökosystemdienstleistungen urbaner Wälder
  • Stadt- und Landschaftsplanung
  • Kommunikation, Moderation und Konfliktmanagement
  • Personalführung
  • Verwaltungsaufbau
  • Politische Willensbildung

Vom 1. Juni bis 15. August 2023 können sich Interessierte für das Studium ab Wintersemester 2023/24 bewerben. Ein fachlich geeignetes Studium auf Bachelor-Level ist Voraussetzung.

Bild: Elias Kopf: „Knorriger Baum beim Pfarrhaus St. Josef, Zürich„, 20. Februar 2020, CC-BY-NC-ND


Datenkompetenzzentrum Agrar: Umfrage

Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung führte im Jahr 2022 die Ausschreibung „Aufbau von Datenkompetenzzentren in der Wissenschaft“ durch. Das Konsortium Datenkompetenzzentrum Agrar (DaKA) befindet sich in der Konzeptionsphase und möchte nun Nutzer*innen von Daten im agrarwissenschaftlichen Bereich befragen. Durch Auskünfte zu ihrem Bedarf im Bereich Forschungsdatenmanagement können sich diese an den Entwicklungen beteiligen. Die Beantwortung nimmt 5-10 Minuten in Anspruch, die Umfrage ist bis 15. Februar 2023 geöffnet.

Das Vorhaben Datenkompetenzzentrum Agrar (DaKA) zielt darauf ab, die Datenkompetenzen in der Agrarwissenschaft zu steigern. In unserem Vorhaben soll ein berufsbegleitendes Qualifikationssystem etabliert werden, welches von den Teilnehmenden mit einem Zertifikat zum „Data Steward Agrar“ abgeschlossen wird. Außerdem werden Kompetenzen in Lehre und Forschung vermittelt. Von der Datenaufnahme, über das Datenmanagement bis hin zur Datennutzung werden Best-Practice-Beispiele aus den unterschiedlichen Disziplinen erstellt, die zeigen, wie jeweils Datensätze erfasst, verarbeitet, gemeinsam ausgewertet und veröffentlicht werden. Darüber hinaus bieten die im DaKA entwickelten Workflows ein Rahmenwerk zur Erfassung, Management und Nutzung von Daten, die eine interdisziplinäre Wiederverwendung ermöglichen werden. DaKA ist als Vernetzungsort und One-Stop-Shop für das Thema Datenkompetenz geplant.

Da habe ich ja schon wieder eine Fortbildung entdeckt, die mich interessiert. Ich bin gespannt, ob die Forstwirtschaft hier ebenfalls mitgedacht und mitberücksichtigt wird.


Studie: Laub zur Energiegewinnung

In Berlin sammelt die Stadtreinigung jährlich 36.000 Tonnen Laub ein. Dieses wird normalerweise kompostiert, wobei Treibhausgase entstehen. Mitarbeiter*innen des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam (ATB) haben nun erhoben, ob man die Biomasse nicht besser für die Erzeugung von Biogas verwenden könnte. Sie haben auch untersucht, ob eine Vorbehandlung des Laubes sich positiv auf die Klimabilanz auswirkt. Die Ergebnisse aus der Presseaussendung zusammengefasst:

Zur Berechnung der Treibhausgasemissionen berücksichtigte die Studie u.a. die Kohlenstoffassimilation der Pflanzen während des Wachstumsprozesses (als negative CO2-Emissionen auf Grundlage des Gehalts an organischem Kohlenstoff für die jeweilige Blattart), den Anteil der verschiedenen Blattarten an der Gesamtmenge, die Dichte der Blätter sowie den Einsatz von kraftstoffabhängigen Maschinen, wie Laubbläsern und Kehrmaschinen. Auch die Emissionen aus Herstellung und Betrieb dieser Maschinen wurden berücksichtigt.

Der Gesamtvergleich zeigte, dass die Biogasszenarien hinsichtlich der Emissionen von Treibhausgasen mit -140,1 kg CO₂-Äquivalente pro Tonne Laub bzw. -167,4 kg CO2eq pro Tonne vorbehandeltes Laub deutlich besser abschnitten als die Kompostierung mit 49,0 kg CO2eq. Eine Vergärung vorbehandelten Laubs im Biogasreaktor hatte zudem die höchste Energieproduktion pro Tonne Ausgangsmaterial zur Folge. Maßnahmen, um eine schnelle Verrottung des Laubs zu verhindern, wie beispielsweise die Silierung oder eine zügige Einbringung in den Fermenter, führten zu geringeren Nettoemissionen und einem höheren Energieertrag.

Das aus Laub erzeugte Biogas könnte fossiles Erdgas ersetzen und zur Stromerzeugung dienen. Die Wissenschaftler*innen haben berechnet, dass etwa 7,5 Tonnen vorbehandeltes Laub den durchschnittlichen Jahresstromverbrauch einer Person decken könnten.

„Laub als Rohstoff für die Biogaserzeugung könnte in gewissem Umfang zur Energieversorgung in städtischen Gebieten beitragen. Gerade Berlin weist im europaweiten Vergleich dank der zahlreichen Grünflächen und Straßenbäume eines der höchsten Potenziale zur energetischen Biomassenutzung auf“, so Dr. Ulrich Kreidenweis, Leiter der Arbeitsgruppe Bioökonomische Systemmodellierung am ATB und Mitautor der Studie. „Ob sich die Nutzung von Laubabfällen aus städtischen Gebieten für die Biogaserzeugung auch ökonomisch rechnet, wäre in weiteren Szenariobewertungen zu klären. Hier können teils erhebliche Kosten für die Umsetzung, beispielsweise die Umrüstung von Biogasanlagen im Hinblick auf die Anforderungen an die Laubvergärung anfallen“, räumt Kreidenweis ein.

Zur Presseaussendung beim Informationsdienst Wissenschaft bzw. zur Originalpublikation in der Zeitschrift „Resources, Conservation and Recycling“.


HessenForst stellt Aufarbeitung von Käferholz ein

Anfang Oktober 2019 stellte HessenForst, ein Landesbetrieb des deutschen Bundeslandes Hessen, die weitere Aufarbeitung von Käferholz weitgehend ein. Wie auch andere Betriebe berichten, decken die Erlöse aus dem Holzverkauf die Kosten der Ernte nicht mehr bzw. ist das Holz derzeit überhaupt unverkäuflich. Auf forstpraxis.de ist dazu eine ausführliche Stellungnahme des Leiters Michael Gerst nachzulesen:

Wir als HessenForst haben in diesem wie im vorigen Jahr dem Forstschutz die höchste Priorität zukommen lassen und in einem Kraftakt in den ersten drei Quartalen 2019 in Zusammenarbeit mit Holzernteunternehmen, Holzrückern und Fuhrleuten die vierfache Menge Fichtenholz gegenüber Normaljahren aufgearbeitet und die Borkenkäfergradation nach Kräften einzudämmen versucht. Allen Beteiligten, insbesondere auch der ausgezeichneten Forstunternehmerschaft, danke ich für ihr Engagement. Nur durch ihren Einsatz konnten wir gemeinsam Erfolge erzielen und Fichtenbestände sichern. Doch die Veränderung ist in ihrem Ausmaß und ihrer Dynamik so neu und groß, dass wir ein Verharren in überkommenen Strukturen der Krisenbekämpfung nicht verantworten können. [….] Zudem war die Aufnahmefähigkeit des Holzmarktes absehbar überfordert.

Forstliche Unternehmen kritisch

Die Schlägerungsunternehmen, die den größten Teil der Aufarbeitung übernommen hatten, fühlten sich überrumpelt. Maurice Strunk, Geschäftsführer der AfL Hessen, eines Zusammenschlusses forstlicher Dienstleister, in seiner kritischen Stellungnahme auf forstpraxis.de:

Dutzende Unternehmen haben ihre Aufarbeitungskapazitäten in den letzten Wochen zugesagt und Maschinen in die betroffenen Regionen in Hessen gebracht oder dort belassen. […] Aufträge anderer Waldbesitzer wurden dabei nicht angenommen. Es wurden zusätzliche Maschinenkapazitäten beschafft und befinden sich in der Finanzierung. Nicht zuletzt wurden Übernachtungskapazitäten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebucht, die nun nicht mehr storniert werden können.

Lagermöglichkeiten der Industrie ausgereizt

Im Holzmarktbericht der österreichischen Landwirtschaftskammer für Oktober 2019 heißt es übrigens: „Die Standorte der österreichischen Sägeindustrie sind aufgrund des in Mitteleuropa anfallenden Kalamitätsholzes nach wie vor sehr gut mit Nadelsägerundholz bevorratet. Bei regional kontingentierter Übernahme verzögert sich dementsprechend der Holzabtransport mit Wartezeiten von mehreren Wochen. […] Die Lagermöglichkeiten – inklusive Außenlager – der Zellstoff-, Papier- und Plattenindustrie sind meist ausgereizt. Daher ist Nadelindustrierundholz außerhalb von Verträgen meist nicht vermarktbar“.

Zum Weiterlesen

Forst- oder Wald- item: Jagd- und Weidewercksordnung

Weidewercksordnung 1644Ein Blick in die Vergangenheit: die sächsische „Forst- oder Wald- item: Jagt- und Weidewercks-Ordnung“ aus dem Jahr 1644 wurde von der Universitätsbibliothek Heidelberg digitalisiert. Sie ist Teil der Fürstlichen Sächsischen Landes-Ordnung.

Ernst Sachsen-Gotha-Altenburg erließ diese Ordnung, „damit die Gehölze den lieben Nachkommen zum besten in pfleglichem Stande unverwüstet erhalten / und also gebraucht und genossen / daß hiernechst an Bau- und Brenn-Holtz / auch anderen Holtz-Materialien kein Mangel entstehen / sondern durch gebührliche Hegung ein immerwärender Vorrath und Zuwuchs gestifftet / dabey auch unserer Cammer ein stetiger Nutz und Zugang durch die gewöhnliche jährliche Waldmieth verschaffet / nichts weniger auch denenjenigen / die ihre gewisse Holtz-Berechtigkeit auf unseren Wäldern herbracht haben / solche auch ins künfftig erhalten und abgezeichet : Ingleichen auch das hohe und niedere Weidewerck also getrieben / daß daraus keine Verödung der Wild-Bahn und gäntzliche Ausrottung des Wildpreths verursacht / vielmehr aber solches Uns und jederman der dessen befugt / zu Nutz erhalten / und pfleglichen genossen werden möchte“. Eine frühe Festschreibung des Nachhaltigkeitsgedanken.

Gliederung

  • Von Grentzen
  • Von Jagten
  • Von Verlassung des Holtzes: Von der Waldmieth bey Verlassung des Holtzes / Was in Verlassung bey jeder Gattung Holtz in acht zu nehmen / Von Maß und Messung so bey der Verlassung des Holtzes zu brauchen / Sonderbahre Verbot der Beampten die sie vor ihre Person bey Verlassung des Holtzes in acht nehmen sollen
  • Von Hegung des Holtzes
  • Von Drifften
  • Von Köhlern
  • Von Hartzscharren
  • Von Glaßmachern und Aschenbrennern
  • Von Fuhrleuten
  • Gemeine Verbot
  • Wald-Berichte
  • Von der Holtz-Berechtigkeit
  • Beschluß- und General-Punct
  • Jagd- und Weidewercks-Mandat
  • Maaß-Täfelein

1656 folgte die „Wolffs-Ordnung“, die regelt, „welcher gestalt sich die Unterthanen … bey der jüngsten Zusammenkunfft des Landschaffts Ausschuß beschlossenen allgemeinen Verfolgung der schädlichen Raub-Thiere der Wölffe jedesmals mit der Folge zu verhalten“ haben.


Vortragsreihe forst-gen-ethik 2019 am BFW

Das Institut für Waldgenetik am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) bietet heuer wieder die Reihe „forst-gen-ethik“ rund um das Thema Wald- und Wildgenetik an. Hier das Jahresprogramm 2019:

  • Freitag, 15. Februar 2019, 9-10 Uhr: Forstdirektor Dr. Heino Wolf, Sachsen Forst, Graupa, Deutschland – Züchtung von schnellwachsenden Baumarten für sich ändernde Umwelten
  • Mittwoch, 13. März 2019, 15-16 Uhr: Dr. Bernd Giese, Universität für Bodenkultur, Wien – Mit Gene Drive durch Wald und Flur – Möglichkeiten und Folgewirkungen einer neuen Gentechnik für Wildarten
  • Freitag, 29. März, 13-14 Uhr: Dr. Barbara Fussi, Bayerisches Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht, Teisendorf, Deutschland – Bereitstellung von qualitativem Saatgut bei der Elsbeere in Süddeutschland
  • Mittwoch, 29. Mai 2019, 10-11 Uhr: Prof. Dr. Doris Krabel, Technische Universität Dresden, Deutschland – Die Guten und die Bösen: Auftreten und Bedeutung von Endophyten am Beispiel der Rostigen Douglasienschütte (Rhabdocline pseudotsugae Sydow)
  • Montag, 3. Juni 2019, 15-16 Uhr: Dr. Muhidin Seho, Bayerisches Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht, Teisendorf, Deutschland – Neue Baumarten und -herkünfte im Klimawandel. Ansätze und Vorgehensweise in Bayern
  • Freitag, 14. Juni 2019, 10-11 Uhr: Mag. Hannes Gadermair, Gadermair Forst.Pflanzen.Pflege, Miming – Wünsche und Anregungen der Forstgartenbetreiber an die waldgenetische Forschung
  • Montag, 9. September 2019, 15-16 Uhr: Mag. Anne Jarausch, Forschungsinstitut Senckenberg, Gelnhausen, Deutschland – Die Rückkehr der Wölfe. Genetische Ergebnisse zur Wiederausbreitung in Deutschland
  • Freitag, 27. September 2019, 9-12:30 Uhr: Das Team des BFW-Instituts für WaldgenetikNeue Projekte in der Waldgenetik. Vorstellung und erste Ergebnisse

Alle Vorträge finden im Großen Seminarraum des Bundesforschungszentrums für Wald (Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien) statt. Anreise.


Förster blickt zurück: Roman über den „Traumberuf“

Buchcover, oben Schrift "Vom Traum zum Albtraum. Roman über den Traumberuf Foerster", unten Gemälde mit Baeumen und gruenem HutWeil ich regelmäßig bei Online-Antiquariaten nach „Förster“ und „Forstwirtschaft“ suche, bin ich kürzlich auf ein sehr interessantes Buch gestoßen: „Vom Traum zum Albtraum. Roman über den Traumberuf Förster“ von Kurt Offermann. Ich nenne nun Exemplar 205 der auf 1000 Stück limitierten, numerierten Auflage mein eigen.

Der 1942 geborene Offermann war Forstbeamter im Dienst des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, zuletzt als Forstamtsleiter des Forstamtes Gevelsberg. Er kann also auf einen großen forstlichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Der Roman hat autobiographische Elemente, und die Erlebnisse des Autors sind mit eingeflossen, es ist aber künstlerisch überhöht und mit erfundenen Elementen montiert. Übrigens, auch das Coverbild stammt von Offermann.

Dem Buch vorangestellt ist ein Zitat von Bertolt Brecht: „Weißt du, was ein Wald ist? Ist ein Wald etwa nur zehntausend Klafter Holz? Oder ist er eine grüne Menschenfreude?“. Der Untertitel „Roman über einen aussterbenden Beruf in einer dem Siechtum preisgegebenen Verwaltung in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts“ verrät schon einiges über die Ausrichtung des Werks – der Autor dazu:

Die vordergründige Einsparpolitik heutiger Regierungen zerschlägt die Forstverwaltungen um kurzfristig Geld zu sparen, ohne zu erkennen, dass damit mittel- und langfristig die Grundlagen einer umfassend nachhaltigen Nutzung des Waldes zerstört werden. Dazu wird die Entwicklung der letzten 50 Jahre dargestellt. Eindringlich wird auch auf Eigentumsverhältnisse – der größte Teil des Waldes gehört vielen kleinen Waldbesitzern – und die daraus entstehenden Zielkonflikte eingegangen.

Das Buch kann – abgesehen von Antiquariaten – nur direkt beim Autor bezogen werden. Alle Informationen dazu auf der Website des Autors, kofferberg.de. Berichte über das Buch sind u.a. in der Westfalen-Post vom 10. Dezember 2007 erschienen.


Toter Baum: wertvoller Lebensraum für Eremit-Käfer

Filmstill aus "Förster rettet Eremit-Käfer" (SWR 2018): dunkler Käfer sitzt auf Hand
Filmstill aus „Förster rettet Eremit-Käfer“ (SWR 2018)

Eine über zweihundert Jahre alte Eiche in Datzeroth wurde mit schwerem Gerät wieder aufgerichtet, weil der Eremit-Käfer (auch Juchtenkäfer genannt) in ihr wohnt und brütet. Die Engerlinge sind so auch vor Fressfeinden sicher. Die tote Eiche war nach starken Regenfällen auf einen Waldweg gefallen. Anstatt sie einfach zu entfernen, stellte sie der Förster an anderer Stelle ohne Wurzeln wieder auf. Das berichtete der SWR in der Landesschau Rheinland-Pfalz. Die Sendung könnt Ihr in der ARD-Mediathek sehen und herunterladen.

Der Juchtenkäfer (Osmoderma eremita) ist eine „prioritäre Art von gemeinschaftlichem Interesse“ laut europäischer Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Das bedeutet, dass die EU aufgrund des globalen Vorkommens eine spezielle Verantwortung für diese Art hat. Der Bestand ist gefährdet, entsprechende Schutzmaßnahmen sind erforderlich.

Eremit-Käfer: Artenschutzprojekt in der Steiermark

Auch in Österreich gibt es verschiedene Projekte zur Erhaltung des Juchtenkäfers: „Nachdem seine ursprünglichen Lebensräume, das sind natürliche Auen entlang von Flüssen mit viel Totholz, praktisch überall zerstört worden sind, lebt er ersatzweise in alten Streuobstbäumen oder in Alleebäumen. Hauptgefährdungsursache heute ist die Rodung der alten Baumriesen und der Streuobstwiesen. In Österreich gilt der Juchtenkäfer als stark gefährdete, in manchen Bundesländern als vom Aussterben bedrohte Art“, erklärt die Österreichische Entomologische Gesellschaft (ÖEG).

Die ÖEG startete im Februar 2018 ein Artenschutzprojekt in der Steiermark. BesitzerInnen von Streuobstbeständen mit Baumhöhlen sind eingeladen, sich zu melden. Die ForscherInnen können rund um die Bäume typische Merkmale erkennen und auch den Eremit-Käfer von verwandten Rosenkäferarten unterscheiden. Unterstützung bekommen sie  von „Osmo-Dogs“, speziell ausgebildeten Spürhunden, die auf den Geruch der Larven und des Käferkots trainiert sind. Für den Erhalt besiedelter Bäume gibt es Naturschutzförderung. Mehr dazu auf osmoderma.at.


Pfauenziegen und Wildpferde im Tennenloher Forst

Der Tennenloher Forst ist das größte Naturschutzgebiet Mittelfrankens. Im April 2018 hatte ich die Gelegenheit, den Forst bei einer Führung mit dem Landschaftspflegeverband Mittelfranken zu besuchen – und die tierischen MitarbeiterInnen zu beobachten.

Der Tennenloher Forst ist ein Teil des Sebalder Reichswaldes, der 1979 als erster Wald Bayerns zum Bannwald erklärt und unter Schutz gestellt wurde. Bannwald wird als „Wald, der auf Grund seiner Lage und seiner flächenmäßigen Ausdehnung vor allem in Verdichtungsräumen und waldarmen Bereichen unersetzlich ist und deshalb in seiner Flächensubstanz erhalten werden muss und welchem eine außergewöhnliche Bedeutung für das Klima, den Wasserhaushalt oder für die Luftreinigung zukommt“ definiert (Waldgesetz für Bayern, Artikel 11).

330 Rote-Liste-Arten

Das Gebiet bei Tennenlohe, einem Stadtteil Erlangens, ist nicht nur ein Naturschutzgebiet, sondern auch ein Natura 2000-Gebiet, ein Schutzgebiet nach der Vogelschutzrichtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und nationales Naturerbe. Warum das alles? Wegen der Sandmagerrasen. Diese nährstoffärmeren Böden sind durch langjährige Übernutzung entstanden: Waldweide, Gewinnung von Harz, hoher Holzverbrauch für Köhlereien und Glashütten, Streugewinnung, Sandsteinabbau. Sie sind naturschutzfachlich besonders wichtig: 330 Rote Liste-Arten kommen hier vor! Manche Arten haben hier sogar ihren einzigen Lebensraum in ganz Bayern.

Przewalskipferde fressen Reitgras

Diese Rasenflächen sind aber durch Verbuschung und Verwaldung gefährdet. Und da kommen die Pferde und Ziegen ins Spiel. Auf den offenen Sandflächen siedeln sich zunächst Pionierpflanzen an – der wertvolle Magerrasen entsteht. Durch den Humusaufbau wird der Boden allmählich auch für andere Pflanzen attraktiv, und dann droht an diesem Standort eine Monokultur von Land-Reitgras. Um das zu verhindern und die Sandflächen offen zu halten, werden seit 2003 Przewalski-Pferde eingesetzt. Im Gegensatz zu Schafen, die mir zum Thema „Rasenmäher“ als erstes einfallen, fressen Pferde das Land-Reitgras gerne. Die vierbeinigen Landschaftspfleger haben ein Areal von 90 Hektar. Da sie genügsam und robust sind, können sie das ganze Jahr über im Freien bleiben. Die Wasserversorgung ist durch natürliche Quellen gesichert, als Unterstand dienen Baumgruppen. Im Winter wird gelegentlich eine kleine Menge Heu zugefüttert.

Pfauenziegen lieben Traubenkirsche

Die Wildpferde bekommen tierische Unterstützung. Denn: „Pferde sind nicht gut in Gehölzbekämpfung“, sagt Verena Fröhlich, Biologin und Gebietsbetreuerin des Tennenloher Forsts. Daher werden seit 2012 auch Pfauenziegen eingesetzt. Kleiner Exkurs: Die schwarz-weiß gefärbte Ziege hat mit einem Pfau gar nichts zu tun: „Die Bezeichnung ‚Pfau-‚ leitet sich von ‚pfaven‘ ab und bedeutet im Rätoromanischen ‚gefleckt‘. Durch einen Schreibfehler wurde aus dem ‚V‘ ein ‚U'“ (Verein Arche Austria). Die Pfauenziegen fressen gerne Laub, Zweige und Nadeln, erklärt das Landratsamt Erlangen-Höchstadt:

Das Fressverhalten der Ziegen wurde von Anfang an dokumentiert, um favorisierte Pflanzen zu erkennen. Neben Kiefernzweigen und –nadeln fressen sie ausnahmslos mit Vorliebe das Laub der Späten Traubenkirsche. Auch die Rinde verschiedener Laubbäume und des Besenginsters verschonen die Tiere nicht. Durch das Entrinden sterben die Pflanzen ab. Ein wichtiger Faktor ist, dass die Ziegen das Laub der Sträucher abweiden und nicht die Zweige abbeißen. Das verhindert, dass sich Wurzeltriebe und Stockausschläge ausbilden.

Ein ebenfalls wichtiger Landschaftstyp im Tennenloher Forst ist die Heide. Im Sommer sind die Heidepflanzen die einzigen, die blühen – somit sind sie für Insekten wie die Honigbienen sehr wichtig. Außerdem treten hier die seltenen Vogelarten Heidelerche und Ziegenmelker auf.

Verpflegungsdosen ausgraben

Der Tennenloher Forst wurde von 1935 bis 1993 als Truppenübungsplatz für die deutsche Wehrmacht und später für das US-amerikanische Militär genutzt. Wir kennen es vom Truppenübungsplatz Allentsteig, der auch Europaschutzgebiet ist: Auf den großen, nicht öffentlich zugänglichen und brachliegenden Flächen erhält sich eine besondere Vielfalt. Laut Landratsamt besitzen „die großen, waldfreien, ehemaligen Schießbahnen der US-Amerikaner … die höchste ökologische Wertigkeit“. Noch heute sind nicht alle Flächen zugänglich – abseits der markierten Wege unterwegs zu sein ist lebensgefährlich, da immer noch Kriegsmunition zu finden ist.

Die Wehrmacht hatte hier immer von Samstag bis Mittwoch geschossen, an den anderen Tagen durften AnwohnerInnen den Wald betreten, um Holz, Pilze etc. zu sammeln. Diese Regelung wurde unter der US Army beibehalten. Joachim Handrich, der die Führung als Zeitzeuge begleitete, erzählte von seinen Erlebnissen und Erinnerungen als Kind und Jugendlicher: Durch die Phosphor-Leuchtkugeln kam es immer wieder zu Waldbränden. Die amerikanischen Soldaten vergruben ihre Verpflegungsdosen, wenn am Ende einer Übung welche übrig waren, und die Burschen gruben sie wieder aus. Ein begehrter Fund.

Interessant, dass einmal der Wald und einmal die Abwesenheit von Wald eine große ökologische Bedeutung hat…

Zum Weiterlesen

Sofia von Schledorn: Wie Katharina den Wald verlor

Wald bedeutet für viele Menschen Erholung, Durchatmen, Ruhe, Entspannung. Aber nicht für alle. Sofia von Schledorn hat für die Plattform „Grüner Journalismus“ mit einer jungen Frau gesprochen, die den Bezug zum Wald verloren hat: „Katharina braucht das Weite. Sie will eine Aussicht, die sie genießen kann, sie will sich nicht durch Bäume abgeschirmt fühlen, sondern den Himmel sehen“. Weiterlesen.


SWR: Holzrücken mit Pferdestärke

Screenshot SWR-Sendung Landesschau Baden-Württemberg: Holzrücken mit Pferdestärke, Jänner 2018 Der SWR hat in der Landesschau Baden-Württemberg einen interessanten Beitrag über die Holzrückung „mit Pferdestärke“ gebracht: Stefan Egenberger – hauptberuflich bei der Straßenmeisterei beschäftigt – ist mit seinen Norikern im Billigheimer Forst zugange. Förster Jochen Lutz, der ihn engagiert hat, hat selbst Erfahrung mit Rückepferden und weiß diese Methode zu schätzen.

Egenberger kommt mit zwei Pferden in den Wald, die sich regelmäßig abwechseln. Sowohl Tier als auch Mensch haben eine umfangreiche Ausbildung absolviert, damit das Holzrücken nicht nur bodenschonend, sondern auch ohne Verletzungen abgeht.

Die Sendung vom 10. Jänner 2018 ist bis 10. Jänner 2019 in der SWR-Mediathek abrufbar.

Zum Weiterlesen

Peter Lahr: „Im Billigheimer Wald wird noch per Pferd gerückt„. In: Rhein-Neckar-Zeitung, 16. Jänner 2015


Kreiselblätterpilz und Tramete: Neue Pilzarten in Bayern nachgewiesen

Die Pilzarten im österreichisch-deutsch-tschechischen Dreiländereck werden im Rahmen des EU-Interreg-Projekts „Funga des Böhmerwalds“ genau erforscht und kartiert. Das Gebiet umfasst auch die Nationalparks Bayerischer Wald und Šumava (Böhmerwald). Für den bayerischen Nationalpark konnte heuer eine erfolgreiche Bilanz gezogen werden:

Farbphotographie eines grünlichen Pilzes
Die Böhmische Tramete wurde 2017 erstmals in Bayern nachgewiesen (Peter Karasch / Nationalpark Bayerischer Wald)

„Insgesamt wurden heuer sechs Pilzarten erstmals in Bayern nachgewiesen. Zwei davon wurden zuvor in ganz Deutschland noch nicht gesichtet. ‚Das zeigt, welch hohe ökologische Qualität der Nationalpark aufweist‘, resümieren die Nationalparkmykologen Claus Bässler und Peter Karasch. So konnte etwa nahe Altschönau die äußerst seltene Böhmische Tramete (Fibroporia bohemica) nachgewiesen werden – erstmals im Freistaat. Diese Art benötigt alte, von Forstnutzung ungestörte Habitate als Lebensraum. Auch die Wiederbeweidung des Ruckowitzschachtens nahe Zwieslerwaldhaus hat positive Effekte. So wurde dort der bislang nur aus Skandinavien bekannte Helmling (Mycena pasvikensis) erstmals in der Bundesrepublik entdeckt. Auch der in Deutschland als echte Rarität geltende Gelber Kreiselblätterpilz (Stereopsis vitellina) wurde erstmals im Nationalpark gefunden. Der dottergelbe Moosbewohner wurde zuletzt 1975 in Franken gesichtet“, heißt es in der Presseaussendung des Nationalparks.

Die angrenzenden Teile des Wald- und des Mühlviertels sind an sich nicht Teil des Projektantrags, werden aber von assoziierten Partner_innen aus Österreich miterforscht. Außerdem werden zahlreiche ehrenamtliche Pilzinteressierte aus lokalen Vereinen im Rahmen von „Citizen Science“ eingebunden.

Projektpartner_innen
  • Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald
  • Nationalparkverwaltung Šumava
  • Biologiezentrum Linz mit der angegliederten Mykologischen Arbeitsgemeinschaft
  • Universität Regensburg, Lehrstuhl für Ökologie und Naturschutzbiologie
  • Deutsche Gesellschaft für Mykologie
  • Österreichische Mykologische Gesellschaft
Quellen

Ein Stück Rinde, eine Blume, einen Fels

Ein Stück Rinde, eine Blume, einen Fels kann ich ertasten, geistig begreifen. Der Wald ist mir etwas Greif- und Begreifbares. Zwar ändert er auch jedes Jahr sein Gesicht, ob unter den Händen des Forstmannes, durch Naturereignisse oder durch sein Wachstum, das langsam menschliche Generationen überdauert. Aus Kulturen werden Dickungen, Stangenhölzer, Baumhölzer, die nach ihrer Umtriebszeit wieder den Platz der Jugend räumen müssen. Das ist das ewige Werden und Vergehen. Die Berge sind mir greif- und begreifbar in ihrer Entstehung vor Urzeiten, mit dem Wissen, dass sie irgendwann durch Verwitterung und Erosionen verschwinden werden.

Aus: Gerhard Berger: Gedanken im Herbst: Ein Harzer Forstmann und Jäger erinnert sich. Schmidt-Verlag 2013