Klosterwald Kirchberg: letzte Ruhe unter Bäumen

Kein Grabstein, kein Blumenschmuck, keine Kerzen – nur Bäume, Wald, Stille. Der Klosterwald in Kirchberg am Wechsel, ein Ort für Naturbestattungen, wurde im Herbst 2019 eröffnet. Er ist einer von derzeit drei Naturfriedhöfen, die auf Waldflächen von Klöstern oder anderen christlichen Gemeinschaften angelegt wurden. Am 15. März 2020 um 14 Uhr gibt es die nächste Gelegenheit, bei einer Führung alles Wissenswerte über das Konzept zu erfahren.

Klosterwald Kirchberg Farbphoto 5 Männer setzen einen Baum ein
Forstmeister Christian Berner, Klosterwald-Berater Axel Baudach, Forst-Betriebsleiter Hubertus Kimmel, Pater Coelestin Nebel OCist. und Liturgiewissenschaftler Martin Sindelar (von links) bei der Eröffnung des Klosterwaldes in Kirchberg.
Freie Platzwahl

Wie kommt man zu einem Platz im Klosterwald? Es gibt zwei Varianten: einen gesamten „Familienbaum“ mit Platz für bis zu zehn Personen aus dem Freundes- oder Familienkreis, oder einzelne Bestattungsplätze an Gemeinschaftsbäumen. Den Baum kann man sich bereits zu Lebzeiten aussuchen. Dabei begleitet und berät der zuständige Förster. Voraussetzung ist jedenfalls eine Feuerbestattung. Zugelassen sind biologisch abbaubare Urnen, zum Beispiel aus gepresster Maisstärke oder unbehandeltem Holz. Die Beisetzung der Urne erfolgt in einer Entfernung von rund drei Metern vom Baumstamm, um die Wurzeln nicht zu schädigen, in einer Tiefe von einem halben Meter. Auf dem Baum wird eine Namenstafel befestigt, die üblicherweise Name, Geburtsdatum und Sterbedatum enthält. Wenn die Hinterbliebenen auf eine Namenstafel verzichten, sind Name und genauer Ort jedenfalls im Baumverzeichnis aufgeführt.

Es gibt auch einen Baum für Sternenkinder.

Ablauf der Beisetzung

Wie läuft eine Beisetzung im Klosterwald ab? Der zuständige Förster empfängt die Trauergäste und begleitet sie nach einer individuell gestalteten Zeremonie am Gedenkplatz zum vorher geöffneten und geschmückten Grab. Bei Sturm, Gewitter oder tagelangem Frost ohne Schnee, bei dem der Boden durchgefroren ist, muss der Termin verschoben werden.

Steigendes Interesse

Warum interessieren sich immer mehr Menschen für solche Naturbestattungen? Das hat mehrere Gründe: Einerseits haben in Zeiten steigender persönlicher Mobilität viele Hinterbliebene keinen rechten Bezug mehr zu einem bestimmten Grab oder Friedhof und können sich nur schwer um die Grabpflege kümmern. Andererseits wollen viele Menschen ihren NachfahrInnen nicht zur Last fallen. Nicht zuletzt ist es auch eine Kostenfrage.

Wärmeliebende Baumarten

Gibt es Unterschiede beim Waldmanagement im Vergleich zu einem Ertragswald? Grundsätzlich wird hier auf Naturverjüngung gesetzt. Wärmeliebende Baumarten wie Nuss, Kastanie, Linde und Ahorn werden aber gezielt gefördert und gegebenfalls auch nachgepflanzt, um für das zukünftige Klima gerüstet zu sein. Baumkontrollen werden häufiger durchgeführt.

Klosterwald Kirchberg, Farbphoto: Urne
So könnte ein für die Urnenbeisetzung vorbereitetes Grab aussehen.
Offen für alle

Können sich nur Christinnen und Christen in einem Klosterwald bestatten lassen? Nein, der Klosterwald steht allen Menschen unabhängig von Konfession, Religion oder (Nicht-)Gläubigkeit offen.

Einäscherung aus christlicher Sicht

Dürfen sich Christinnen und Christen überhaupt einäschern lassen? Bei der Eröffnung des Klosterwaldes in Kirchberg ging Martin Sindelar, Experte der Erzdiözese Wien für Liturgie, auch über die Bedenken ein, die einige Christinnen und Christen in Bezug auf Einäscherung und Urnenbestattung haben. Für Katholikinnen und Katholiken besteht dafür jedenfalls schon seit Jahrzehnten keine Veranlassung mehr: Auf Initiative eines Wieners erlaubte Papst Johannes XXIII 1963 die Feuerbestattung unter bestimmten Voraussetzungen. 2016 erließ Papst Franziskus die „Instruktion Ad resurgendum cum Christo über die Beerdigung der Verstorbenen und die Aufbewahrung der Asche im Fall der Feuerbestattung“ erlassen. 2019 gab die Österreichische Bischofskonferenz neue Richtlinien zur Feuer- und Naturbestattung heraus. Die evangelischen Kirchen akzeptieren die Feuerbestattung schon seit den 1920er Jahren. Details dazu können im Diskussionspapier „Herausforderungen evangelischer Bestattungskultur“ nachgelesen werden.

Ueber allen Gipfeln
Ist Ruh‘,
In allen Wipfeln
Spürest Du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur! Balde
Ruhest du auch.
(Johann Wolfgang von Goethe, 1780)


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