Call for Papers: Kunstbäume in Text und Bild der Vormoderne

Der Workshop „Kunstbäume in Text und Bild der Vormoderne 2.0. – Kommunikation in ökologischen Verflechtungen“ findet vom 30. Oktober bis 1. November 2025 an der Goethe-Universität Frankfurt am Main statt. Der Call for Papers ist bis zum 13. Juli geöffnet.


Nachdem im Rahmen des Workshops Kunstbäume. Emotion und Episteme in der Vormoderne (HU Berlin, 06.–07. Februar 2025) einschlägiges Material gesichtet und erste Interpretationsansätze erprobt wurden, laden wir zur Fortsetzung unter dem Titel Kunstbäume in Text und Bild der Vormoderne 2.0 – Kommunikation in ökologischen Verflechtungen ein. Der Workshop richtet sich explizit auch an Neuinteressierte und findet vom 30. Oktober bis zum 01. November 2025 an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main statt. Willkommen sind Wissenschaftler:innen aus den mediävistischen und frühneuzeitlichen Philologien sowie der Kunst-, Religions- und der Wissenschaftsgeschichte.

Der Workshop setzt sich zum Ziel, die Perspektive zu erweitern und von den Bäumen ausgehend diesmal verstärkt Verflechtungen (entanglements) zu untersuchen. Ökosysteme, allem voran Wälder, veranschaulichen paradigmatisch, welche Vielzahl an Relationen oder Abhängigkeiten in den Blick geraten, wenn man sich mit Ian Hodder für einen holistischen Ansatz entscheidet. Dabei wird deutlich, dass es kaum möglich ist, Dinge – und zu ihnen zählen spätestens seit der Scholastik Bäume als Naturdinge – zu identifizieren, die keinen menschlichen Einfluss erfahren (Hodder 2012, 4). Alle Bäume sind insofern Kunstbäume, als menschliche ars (im Sinne von ‚machen‘, ‚gestalten‘) direkt oder indirekt auf sie einwirkt, während die Natur ihrerseits menschliches Wissen und Handeln prägt.

Im Speziellen richten wir unser Interesse auf Bäume in Text und Bild. Wir fragen sowohl nach den Zusammenhängen, entanglements, in denen sie – Bäume bzw. Texte oder Bilder – entworfen und funktionalisiert werden, als auch danach, inwiefern sich Bäume selbst aus einer Vielzahl an entanglements zusammensetzen. Darüber hinaus interessieren uns selbstreflexive Akzentsetzungen, die sich auf einen ‚Kunst‘-Begriff im engeren Sinne zubewegen. Im Netz der Bezüge stellt die Metaebene schließlich eine eigene Größe dar.

Angeregt von gewollter Unordnung, die sich aus dem Blick auf Verflechtungen ergibt (Hodder 2012, 222), schlagen wir vor, den Fokus – je nach Material – zu schärfen und gezielt Kommunikationsprozesse zu untersuchen. Gemeint ist damit zum einen das komplexe Verhältnis Produzent:in-Objekt-Rezipient:in; zum anderen beschäftigen uns Formen der einerseits kulturellen (menschlichen) und andererseits biologischen (olfaktorischen, taktilen etc.) Kommunikation, bei der mindestens ein Beteiligter nichtmenschlich ist, und zwar innerhalb sowie außerhalb der jeweiligen Spezies (Maran 2004, 125), die weit über Affordanzen hinausgehen, genauso wie Schnittstellen zwischen Kommunikationsprozessen.

Dabei gilt es, unterschiedliche Imaginationen und Episteme miteinander zu konfrontieren bzw. zu historisieren: Gegenwärtig spricht man über Pflanzen, die ‚Duftschreie‘ absetzen oder vom unterirdischen wood wide web profitieren. Wie stellte man sich in der Vormoderne Kommunikation im Pflanzenreich vor? Für den heutigen Menschen können Bäume als Übersetzer fungieren, die Wind oder Dürre veranschaulichen. Welche Informationen übermittelten sie in der Vormoderne? Vor allem aber stellt sich die Frage, wie solche Prozesse in Text und Bild konzipiert werden und sich semiotisch fassen lassen bzw. wie dort entworfene Bäume ihre Rezipient:innen adressieren.

Als erstes Beispiel bietet sich die „Genesis“-Erzählung an, in der die Ureltern Erkenntnis über Gut und Böse von den bekömmlichen Früchten eines Baumes gewinnen, der die Augen erfreut. Wie wird diese Episode literarisch sowie im Bildmedium transformiert und semiotisch präzisiert? Mittelalterliche Diagramme, arbores, tragen hingegen abstrakte Früchte und strukturieren Information. Was ändert sich, wenn Wunder oder Visionen beschriftete Bäume hervorbringen oder wenn sich Bäume in der Fabeldichtung der menschlichen Sprache bedienen? Umgekehrt verlieren Ovids Figuren in Verwandlungen ihre Sprachfähigkeit; sie hören aber ebenso wenig auf zu kommunizieren wie weiter tradiert und kommentiert zu werden, etwa bei Wickram und Lorichius. In den Fokus rücken außerdem Situationen, in denen sich Protagonist:innen symbiotisch mit Bäumen verbinden und direkt (Sigune auf der Linde mit Parzival, Partonopier in der Eiche mit Irekel, Fortunatus im hohen baum mit dem Bär) oder indirekt (Marke im Ölbaum mit Isolde und Tristan) mit Besucher:innen interagieren. Wie partizipiert das Publikum an diesem Austausch? Komplementär fragen wir nach Episoden, in denen einem die natürliche Umgebung gar nichts mehr zu sagen hat, als z. B. Parzival nur noch waltmüede ist.

Der Workshop zielt darauf, ein interdisziplinäres Gespräch zwischen Literatur-, Kunst- und Kulturwissenschaften zu eröffnen, um zu einer historisch fundierten Erweiterung der Plant Studies beizutragen. Willkommen sind insbesondere Beiträge, die literarische, bildkünstlerische und theoretische Perspektiven miteinander verbinden.

Formalia

Bitte senden Sie, gebündelt in einer PDF Datei, sowohl ein Abstract (max. 1,5 Seiten) für einen 20-minütigen Vortrag (mit anschließender Diskussion) als auch ein Curriculum Vitae bis zum 13. Juli 2025 an Beatrice Trînca (beatrice.trinca@hu-berlin.de) und Hannah Semrau (semrau@em.uni-frankfurt.de). Die Beiträge sollen in einer gemeinsamen Publikation dokumentiert werden. Reisekosten und Unterkunft können voraussichtlich (teilweise) übernommen werden; eine verbindliche Zusage erfolgt rechtzeitig. Wir freuen uns auf Ihre Einreichungen! Call als PDF.

Ausgewählte Literaturhinweise

Kontakt

PD. Dr. Beatrice Trînca (beatrice.trinca@hu-berlin.de) und M.A. Hannah Semrau (semrau@em.uni-frankfurt.de)

Quelle: H-Germanistik.