Naturschutzgebiet

Exkursion: Mittelwald in den Marchauen

Das Storchenhaus in Marchegg bietet immer wieder spannende Exkursionen im Gebiet der Marchauen an, zu denen ich gerne mitfahre. Am 8. September war das Thema “Mittelwald”. Mittelwald – was ist das? Um das zu klären, müssen wir erst einmal Niederwald und Hochwald unterscheiden.

Der Niederwald ist durch Stockausschlag gekennzeichnet – Bäume wie Pappel, Hainbuche und Haselnuss werden regelmäßig abgeschnitten und treiben am Stock wieder aus. Die Umtriebszeit beträgt rund 35 Jahre. Das Holz wird vorrangig zur Brennholzgewinnung verwendet, es entsteht kein Wertholz. Im Hochwald dagegen bilden sich neue Bäume aus Samen und wachsen hoch heran, er verfügt über eine hohe Holzqualität und dient zur Wertholzgewinnung. Die Umtriebszeit liegt bei ca. 80 bis 160 Jahren. Ein Mittelwald hat beide Elemente auf einer Fläche.

Welche Vorteile hat das? Durch den aufgelichteten Baumbestand fällt Licht bis auf den Boden. Dadurch entsteht eine andere Vegetation als in einem dichten Wald. Alte besonnte Bäume, die es sonst nur mehr selten gibt, sind besonders wertvoll für spezialisierte Käfer. Eine mosaikartige Fläche statt einem scharfen Übergang zwischen Wald und Wiese ist überhaupt für viele Insektenarten ein idealer Lebensraum. Auf den offenen Flächen siedeln sich Pionierpflanzen an. Der Mittelwald ist naturschutzfachlich eine der besten Wirtschaftsweisen, sagt uns unser Begleiter, der Förster und Landschaftsplaner Manuel Denner.

Wie ein Mittelwald entsteht

In Marchegg und Umgebung gibt es zwei Methoden: In Marchegg sorgen Konikpferde dafür, dass bestimmte Flächen offenbleiben und nicht verwalden. Die großen Wiederkäuer, die das früher erledigt haben – Auerochsen, Wisente und Wildpferde -, gibt es ja nicht mehr in freier Natur. Die Beweidung ist besser als eine Mahd, da sie nicht auf einmal erfolgt.

In Baumgarten an der March, wo auch die kleine Forstverwaltung des WWF-Naturreservats Marchegg liegt, konnten wir uns die Versuchsflächen in einem normalerweise nicht öffentlich zugänglichen Gebiet anschauen. Hier wird forstlich eingegriffen – auf zwei Flächen wurde vor einem dreiviertel Jahr bzw. eineinhalb Jahren ausgelichtet. Die Bestandsbäume wurden GPS-erfasst und numeriert. Auf der Fläche, auf der der Schlag vor eineinhalb Jahren erfolgte, sind jetzt schon seltenere Vogelarten wie Goldammer und Wendehals zu sehen. Es finden sich seltene Pflanzenarten ebenso wie Gartenflüchtlinge. Da es hier einen hohen Wildschweinbestand gibt und die Hainbuchen sehr stark sind, haben es die langsam wachsenden Eichen schwer, hier aufzukommen. Einige wurden daher versuchsweise mit Reisighaufen umgeben. Das hat gut funktioniert. Außerdem werden seltene Baumarten wie die Wildbirne gefördert.

Nächste Exkursion: Welt der Pilze

Die nächste Exkursion des Storchenhauses widmet sich übrigens dem Thema “Die geheimnisvolle Welt der Pilze” und findet am Sonntag, dem 14. Oktober 2018, statt. Anmeldung bis 12.Oktober 2018 per eMail an marchegger.storchenhaus@gmail.com oder Telephon 0681/81644656.


Pfauenziegen und Wildpferde im Tennenloher Forst

Der Tennenloher Forst ist das größte Naturschutzgebiet Mittelfrankens. Im April 2018 hatte ich die Gelegenheit, den Forst bei einer Führung mit dem Landschaftspflegeverband Mittelfranken zu besuchen – und die tierischen MitarbeiterInnen zu beobachten.

Der Tennenloher Forst ist ein Teil des Sebalder Reichswaldes, der 1979 als erster Wald Bayerns zum Bannwald erklärt und unter Schutz gestellt wurde. Bannwald wird als “Wald, der auf Grund seiner Lage und seiner flächenmäßigen Ausdehnung vor allem in Verdichtungsräumen und waldarmen Bereichen unersetzlich ist und deshalb in seiner Flächensubstanz erhalten werden muss und welchem eine außergewöhnliche Bedeutung für das Klima, den Wasserhaushalt oder für die Luftreinigung zukommt” definiert (Waldgesetz für Bayern, Artikel 11).

330 Rote-Liste-Arten

Das Gebiet bei Tennenlohe, einem Stadtteil Erlangens, ist nicht nur ein Naturschutzgebiet, sondern auch ein Natura 2000-Gebiet, ein Schutzgebiet nach der Vogelschutzrichtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und nationales Naturerbe. Warum das alles? Wegen der Sandmagerrasen. Diese nährstoffärmeren Böden sind durch langjährige Übernutzung entstanden: Waldweide, Gewinnung von Harz, hoher Holzverbrauch für Köhlereien und Glashütten, Streugewinnung, Sandsteinabbau. Sie sind naturschutzfachlich besonders wichtig: 330 Rote Liste-Arten kommen hier vor! Manche Arten haben hier sogar ihren einzigen Lebensraum in ganz Bayern.

Przewalskipferde fressen Reitgras

Diese Rasenflächen sind aber durch Verbuschung und Verwaldung gefährdet. Und da kommen die Pferde und Ziegen ins Spiel. Auf den offenen Sandflächen siedeln sich zunächst Pionierpflanzen an – der wertvolle Magerrasen entsteht. Durch den Humusaufbau wird der Boden allmählich auch für andere Pflanzen attraktiv, und dann droht an diesem Standort eine Monokultur von Land-Reitgras. Um das zu verhindern und die Sandflächen offen zu halten, werden seit 2003 Przewalski-Pferde eingesetzt. Im Gegensatz zu Schafen, die mir zum Thema “Rasenmäher” als erstes einfallen, fressen Pferde das Land-Reitgras gerne. Die vierbeinigen Landschaftspfleger haben ein Areal von 90 Hektar. Da sie genügsam und robust sind, können sie das ganze Jahr über im Freien bleiben. Die Wasserversorgung ist durch natürliche Quellen gesichert, als Unterstand dienen Baumgruppen. Im Winter wird gelegentlich eine kleine Menge Heu zugefüttert.

Pfauenziegen lieben Traubenkirsche

Die Wildpferde bekommen tierische Unterstützung. Denn: “Pferde sind nicht gut in Gehölzbekämpfung”, sagt Verena Fröhlich, Biologin und Gebietsbetreuerin des Tennenloher Forsts. Daher werden seit 2012 auch Pfauenziegen eingesetzt. Kleiner Exkurs: Die schwarz-weiß gefärbte Ziege hat mit einem Pfau gar nichts zu tun: “Die Bezeichnung ‘Pfau-‘ leitet sich von ‘pfaven’ ab und bedeutet im Rätoromanischen ‘gefleckt’. Durch einen Schreibfehler wurde aus dem ‘V’ ein ‘U'” (Verein Arche Austria). Die Pfauenziegen fressen gerne Laub, Zweige und Nadeln, erklärt das Landratsamt Erlangen-Höchstadt:

Das Fressverhalten der Ziegen wurde von Anfang an dokumentiert, um favorisierte Pflanzen zu erkennen. Neben Kiefernzweigen und –nadeln fressen sie ausnahmslos mit Vorliebe das Laub der Späten Traubenkirsche. Auch die Rinde verschiedener Laubbäume und des Besenginsters verschonen die Tiere nicht. Durch das Entrinden sterben die Pflanzen ab. Ein wichtiger Faktor ist, dass die Ziegen das Laub der Sträucher abweiden und nicht die Zweige abbeißen. Das verhindert, dass sich Wurzeltriebe und Stockausschläge ausbilden.

Ein ebenfalls wichtiger Landschaftstyp im Tennenloher Forst ist die Heide. Im Sommer sind die Heidepflanzen die einzigen, die blühen – somit sind sie für Insekten wie die Honigbienen sehr wichtig. Außerdem treten hier die seltenen Vogelarten Heidelerche und Ziegenmelker auf.

Verpflegungsdosen ausgraben

Der Tennenloher Forst wurde von 1935 bis 1993 als Truppenübungsplatz für die deutsche Wehrmacht und später für das US-amerikanische Militär genutzt. Wir kennen es vom Truppenübungsplatz Allentsteig, der auch Europaschutzgebiet ist: Auf den großen, nicht öffentlich zugänglichen und brachliegenden Flächen erhält sich eine besondere Vielfalt. Laut Landratsamt besitzen “die großen, waldfreien, ehemaligen Schießbahnen der US-Amerikaner … die höchste ökologische Wertigkeit”. Noch heute sind nicht alle Flächen zugänglich – abseits der markierten Wege unterwegs zu sein ist lebensgefährlich, da immer noch Kriegsmunition zu finden ist.

Die Wehrmacht hatte hier immer von Samstag bis Mittwoch geschossen, an den anderen Tagen durften AnwohnerInnen den Wald betreten, um Holz, Pilze etc. zu sammeln. Diese Regelung wurde unter der US Army beibehalten. Joachim Handrich, der die Führung als Zeitzeuge begleitete, erzählte von seinen Erlebnissen und Erinnerungen als Kind und Jugendlicher: Durch die Phosphor-Leuchtkugeln kam es immer wieder zu Waldbränden. Die amerikanischen Soldaten vergruben ihre Verpflegungsdosen, wenn am Ende einer Übung welche übrig waren, und die Burschen gruben sie wieder aus. Ein begehrter Fund.

Interessant, dass einmal der Wald und einmal die Abwesenheit von Wald eine große ökologische Bedeutung hat…

Zum Weiterlesen

Marchegg: Zeitreise in die mittelalterliche Waldarbeit

Farbphoto: Wasser, in dem sich Baeume spiegelnMorgen nehme ich in Marchegg an einer Fledermausexkursion teil. Gerade habe ich gesehen, dass dort im September eine “Zeitreise in die Mittelalterliche Waldarbeit” angeboten wird. Pflichttermin!

Einladungstext: Die Augebiete entlang der Donau, March und Thaya zählen zu den wertvollsten Naturlandschaften in Mitteleuropa. Jahrhunderte lang wurde im Weinviertel auch der Auwald in Form einer sogenannten Mittelwaldnutzung bewirtschaftet.

Was ist eine Mittelwaldnutzung? Dieser Frage werden wir bei einem Spaziergang in einen Bereich der Au, der normalerweise nicht besichtigt werden kann, auf den Grund gehen.

Welche Pflanzen- und Tierarten profitieren von dieser Art der Nutzung des Waldes? Die Antwort wird Sie verblüffen, denn viele gefährdete Tier- und Pflanzenarten haben in den lichtdurchfluteten Wäldern ihren Lebensraum gefunden.

Organisatorisches
  • Termin: Samstag, 8. September 2018
  • Uhrzeit: 9:30-12:30 Uhr
  • Treffpunkt: Storchenhaus Marchegg, im ehemaligen Pförtnerhaus im Schlosspark.
  • Exkursionsleitung: Manuel Denner. Denner besuchte vor dem Studium der Landschaftsplanung die Höhere Bun­deslehranstalt fürForstwirtschaft in Gainfarn und arbeitet u.a. beim Naturschutzbund Niederösterreich am Projekt “Naturschätze im zentralen Waldviertel” mit.
  • Ausrüstung: Festes Schuhwerk, wetterfeste Kleidung, Taschenlampe wenn vorhanden, eventuell Gelsenschutz.
  • Unkostenbeitrag: EUR 7.
  • begrenzte TeilnehmerInnenzahl
  • Anmeldung bis 6. September 2018 per eMail an marchegger.storchenhaus@gmail.com oder per Telephon unter 0681/8144656 (erfahrungsgemäß möglichst früh anmelden).
Mittelalterliche Waldarbeit

Im Zuge eines dreijährigen Naturschutzprojekts startete der WWF den Versuch, auf ausgewählten Flächen in der Au die ehemalige Mittelwaldnutzung zu reaktivieren. “Mit diesem Vorhaben wollen wir feststellen, ob die kleinräumige Mittelwaldnutzung dazu beitragen kann, die Vielfalt an Bäumen, Käfern und Brutvögeln zu fördern. Der Forstbetrieb des WWF Naturreservat Marchauen startete 2015 mit den Vorbereitungen”. Zum Weiterlesen: