Von Arbeitsbedingungen bis Zimmerei

Ich habe die geplante Ausstellung nun in zwölf Themenbereiche gegliedert:

1) Einleitung – Wald in der Region: Waldfläche, Waldanteil an den Flächen der einzelnen Gemeinden, Waldtypen, Betriebsarten, Funktionen des Waldes, Anzahl der Forstbetriebe, Waldfläche nach Eigentumsarten
2) Hof-, Flur-, Siedlungsnamen mit Bezug zu Wald und Forst
3) Arbeitsbedingungen: Veränderung der Arbeitsweisen; Lebens- und Arbeitsbedingungen der Holzknechte, Forstarbeiterinnen, IndustriearbeiterInnen; Unfallhäufigkeit
4) Jagd, essbarer Wald
5) Forstwirtschaft
6) Holztransport: Pferderückung, Aspangbahn, Wechselbahn, Seilbahn, Waldbahnen, LKW, Traktor…
7) Sägeindustrie
8) Papierindustrie
9) Holz als Werk- und Baustoff: Zimmerei, Tischlerei, Holzbau…
10) Holz als Werkstoff im Alltag: was war früher aus Holz, was heute aus Kunststoff ist
11) (nahezu) ausgestorbene Berufe: Lohgerberei, Köhlerei, Wagnerei…
12) Wald und Mensch: Schönheit des Waldes, Wirkung auf den Menschen, literarische, religiöse und mystische Wahrnehmung

Windwurf durch Hexerei

Roman Lechner hat mich auf eine interessante Geschichte aufmerksam gemacht: Afra Schick aus der Schlatten (Bromberg) wurde 1671 vom Wiener Neustädter Stadtrichter zum Tode verurteilt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet, da man sie der Hexerei verdächtigte. Unter anderem warf man ihr vor, einen großen Windwurf in Stickelberg verursacht zu haben:

Ingleichen hat sie unterschiedlich große Sturmwind und unter anderem auch vor ungefähr 12 oder 13 Jahren den großen Sturmwind in den Sticklberger Wald helfen machen, darauf gleichfalls der ganze Wald verderbt und die Bäume umgerißen worden sind.

Quelle: Verhörprotokolle von Afra Schick aus dem Stadtarchiv Wiener Neustadt, zitiert nach Karl Flanner: “Wiener Neustadt 1671: Das qualvolle Sterben der Hexe Afra Schick. Eine wahre Begebenheit”. In: Dokumentation des Industrieviertel-Museums Wiener Neustadt 43 (1994), online nachzulesen auf http://www.religionen.at/irschick.htm.

In Bromberg erinnert seit 1999 der “Hexenweg“, ein drei Kilometer langer Lehrpfad mit dem Untertitel “Afra Schickh – ein Frauenschicksal im 17. Jahrhundert”, an die kräuter- und heilkundige Frau.


Tausendjährige Linde in Kirchberg

tausendjaehrige linde

Diese tausendjährige (sprich seeehr alte) Linde und das dazugehörige Gasthaus habe ich am 24. Februar 2013 in Kirchberg am Wechsel aufgenommen. Die Linde ist auch abgesehen von den Lindenblüten ein interessanter Baum, wie ich seit dem Referat einer Lehrgangskollegin weiß. Sie diente nämlich als Gerichtsbaum, und laut einer Studie von HistorikerInnen wurden unter Linden mildere Urteile gefällt als unter Eichen. Ob der süße Duft dafür sorgte oder bei weniger schweren Verbrechen die Urteile prinzipiell eher unter der Linde gesprochen wurden, konnten wir damals nicht klären.

Zum Weiterlesen: Gerichtsbaum, Gerichtslinde, Tausendjährige Linde.


Reisigluft im Salaerium

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Reisigkorb

Im “Salaerium” in Mönichkirchen, einer sogenannten “Gradieranlage“, tropft Salzwasser entlang von Reisig herab und reichert die Luft mit Salzpartikeln an. Die ätherischen Öle aus den Zweigen riechen außerdem sehr gut. Ein Aufenthalt im Salaerium ist besonders bei Verkühlungen und anderen Atemwegserkrankungen wohltuend, vor allem wenn sich ein schneller Ausflug ans Meer nicht so leicht bewerkstelligen lässt 😉

Auch Waldspaziergänge wirken positiv auf das Wohlbefinden. “Typischerweise sind heilklimatische Kurorte und Luftkurorte in waldreichen Gebieten”, stellte der Meteorologe Rainer Schultheis in seinem Vortrag bei der ersten österreichischen Tagung “Wald + Gesundheit” fest. Übrigens befindet sich ein Drittel der heilklimatischen Kurorte Österreichs im Bundesland Niederösterreich: Mönichkirchen, Puchberg am Schneeberg, Reichenau an der Rax, Semmering – keiner im Kerngebiet meiner Arbeit, aber doch in der näheren Umgebung. Der Bereich Wald und Gesundheit sollte also bei der Wanderausstellung unbedingt angesprochen werden – vielleicht auch in Hinblick auf das neue Rehabilitationszentrum “Lebens.Med.Zentrum” in Erlach…

Mehr zu diesem Thema gibt es auf der Website “Green Care Wald“. Dieses Programm will “alle Initiativen und Aktivitäten aus Wissenschaft und Praxis [bündeln], die dazu beitragen, mit Hilfe des Waldes das Wohlbefinden der Gesellschaft zu verbessern und langfristig zu erhalten”. Auf der Seite kann u.a. die Studie “Gesundheitswirkung von Waldlandschaften” (2014) heruntergeladen werden, die MitarbeiterInnen der Medizinischen Universität Wien und der Universität für Bodenkultur gemeinsam durchgeführt haben.

salaerium-decke
Blick zur Decke
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Aussicht aus dem Salaerium. Bilder: Monika Bargmann, CC-BY-SA

Die Bilder wurden am 23. Juni 2013 in Mönichkirchen aufgenommen.

Visitenkarten gekommen :-)

visitenkarten von vistaprint
Bild und Design: Vistaprint

letzte Woche sind die Visitenkarten von Vistaprint gekommen, die ich mir für das Projekt habe machen lassen (oben Vorderseite, unten Rückseite). Das grün-weiße Baumdesign habe ich aus dem vorhandenen Angebot ausgewählt und nicht selbst entworfen.

Jetzt muss ich mir noch überlegen, ob ich die nur bei persönlichen Gesprächen verteile oder auch an verschiedenen Orten auflegen soll…

Siedlungsnamen in der Buckligen Welt

In der Buckligen Welt deuten viele Siedlungsnamen auf die Waldnutzung hin. Frühere Bezeichnungen für diese Region (wenn auch nicht völlig deckungsgleich mit dem, was heute unter “Bucklige Welt” verstanden wird) sind ja “Waldmark” und “silva Putinensis” – Pittener Wald. Rodungen, die den Waldbestand in der Buckligen Welt deutlich dezimierten, begannen im 11. Jahrhundert, woran heute noch Siedlungsnamen wie Geretschlag, Schlägen, Kohlreuth und Wenigreith erinnern. Dazu kommen Benennungen nach bestimmten Baumarten.

Das Beispiel links stammt aus Bromberg und zeigt gleich vier passende Ortsnamen: Stupfenreith, Forst, Holzhof und Dreibuchen 🙂 Hier einige Beispiele für Ortsteile von Gemeinden der Buckligen Welt und Umgebung, die einen solchen Bezug vermuten lassen (vorausgeschickt sei, dass ich keine etymologische Überprüfung durchgeführt habe und manchmal der erste Anschein trügt):

Aspangberg-St. Peter: Ausschlag, Außerneuwald, Innerneuwald, Neustift am Alpenwalde, Neuwald.

Aspang Markt: Ausschlag-Zöbern.

Bad Schönau: Schlägen, Wenigreith.

Bromberg: Breitenbuch, Dreibuchen, Forst, Holzhof, Schlag, Stupfenreith.

Edlitz: Baumgart.

Hochneukirchen-Gschaidt: Burgerschlag, Grametschlag, Kirchschlagl.

Hochwolkersdorf: Hackbichl.

Kirchschlag: Baumgarteck, Kirchschlag, Rehbauern, Schlag. Laut der Gemeindewebsite rührt der Name “Kirchschlag” daher, “dass die zur Ortsgründung notwendige Schlägerung eines Waldgebietes auf Initiative der Kirche erfolgte”.

Krumbach: Buchegg, Ponholz.

Thomasberg: Unterbuchen, Ponholz, Thann.

Wiesmath: Geretschlag, Nussleiten.

Zöbern: Schlag.

Nussleiten

Siehe auch die Beiträge “Hofnamen in der Buckligen Welt” und “Flurnamen in der Buckligen Welt” in diesem Blog.

Hofnamen in der Buckligen Welt

In der Buckligen Welt deuten viele Hof-, Orts- und Flurnamen auf die Waldnutzung hin. Frühere Bezeichnungen für diese Region (wenn auch nicht völlig deckungsgleich mit dem, was heute unter “Bucklige Welt” verstanden wird) sind ja “Waldmark” und “silva Putinensis” – Pittener Wald. Rodungen in größerem Umfang begannen ab dem 11. Jahrhundert.

Im Wintersemester 2006/07 habe ich eine Seminararbeit über Hofnamen in der Buckligen Welt geschrieben. Ausschlaggebend für meine Themenwahl in dem Seminar für Namenkunde bei Prof. Peter Ernst: Mir war aufgefallen, dass es das Mostwirtshaus “Stegbauer” in Bad Schönau gibt, das unter diesem Namen beworben wurde, aber nur unter dem “richtigen” Namen Ungerböck im Telephonbuch bzw. im Online-Herold steht – ganz schön unpraktisch! Dann wollte ich einfach mehr über Hofnamen wissen.

Lindenhof
Hofname “Lindenhof” in Edlitz

Was sind nun aber Hofnamen? Ein Hofname wird nicht nur auf den Hof bzw. die Wirtschaftsgebäude angewandt, sondern auch auf den Bauern, die Bäuerin und ihre Familie, wie die Kinder und die Ausnehmer (Altbauern). Sogar auf die andere Personen, die am Hof wohnten, wie die Dienstleute, entferntere Verwandte und die sogenannten Inwohner oder Söllner, wurde der Hofname übertragen. Man könnte in der Buckligen Welt zum Beispiel hören (um bei dem erwähnten Beispiel zu bleiben): “Das ist der Karl, sagen tut man ihm Stegbauer, aber schreiben tut er sich Ungerböck” bzw. “Der Ungerböck ist auf dem Steghof drauf”. Der wesentliche Grund für die Vergabe von Haus- und Hofnamen ist die Orientierung. Die Hausnummern, die wir als ganz selbstverständlich betrachten, setzten sich erst im 18. Jahrhundert auf breiter Ebene durch. Außerdem tragen Hofnamen wesentlich zur Unterscheidung von Personen gleichen Vor- und Familiennamens bei. In manchen Gemeinden funktioniert es übrigens genau umgekehrt: Hier werden Personen gleichen Namens nach ihrer Hausnummer unterschieden. Es gibt dann zum Beispiel den Zwölfer-Meier und den Einser-Meier. Hofnamen berühren die Gebiete der Volkskultur, der Regionalgeschichte, der Soziologie und der Namenkunde gleichermaßen. Deswegen sind sie – zumindest für mich – ein so interessantes Forschungsgebiet.

Man muss allerdings berücksichtigen, dass die schriftlichen Formen, wie sie beispielsweise im Historischen Ortsnamenbuch von Niederösterreich stehen, oft nichts mit der lokalen Aussprache zu tun haben und daher zu falschen Deutungen verleiten. Für die Aufnahme in die Kataster wurden teilweise Beamte in die Gemeinden entsandt, die versuchten, die dialektalen, nur mündlich verwendeten Ausdrücke schriftlich auf “Hochdeutsch” zu fixieren und selber mit dem Dialekt nicht vertraut waren. Umso erfreulicher ist es, dass Roswitha Karpellus in ihrer umfangreichen Dissertation “Siedlungsgeschichte der ehemaligen Grafschaft Pitten auf namenkundlicher Grundlage. Die Namen der Flüsse, Siedlungen und Einzelhöfe” (1960) – mit einem kaum zu überschätzenden Aufwand – handschriftlich die mundartliche Aussprache in Lautschrift festgehalten hat! Die Gewährspersonen, die ich damals für meine Seminararbeit interviewt habe, haben die Namen oft überhaupt erst erkannt, als ich die mundartliche Form vorgelesen habe – der “Bangartbauer” wird zum Beispiel als “Bamba” ausgesprochen. Karpellus schreibt dazu: “Für die Gewinnung brauchbarer Etymologien ist die Kenntnis der Mundartaussprache jedes einzelnen Namens unerläßlich. Die echt bäuerlichen Namen enthalten wohl manchmal volksetymologische Umdeutungen, nie aber solch sinnlose Entstellungen, wie sie von manchen Schreibern am grünen Tisch erfunden wurden” (Band 1, S. 4).

Einige Beispiele für Hofnamen, die einen Bezug zu Wald, Forst und Holz (z.B. Rodungen, Baumarten, holzverarbeitende Berufe) vermuten lassen:

Bernreut, Birbaumhof, Biribauer, Birkhof, Blochberger (zu Blochwald), Buchegger, Eichbauer, Felberbauer (zu mittelhochdeutsch Velwe = Weide), Föhrenhof, Forsthof, Greuthof, Haslbauer, Holzbauer, Holzgethan, Holzhof, Lindenbauer, Micheler in der Tann, Nußbaumer, Nußleitner, Panreitterhof, Rachnerbauer (zu Ronach = liegendes Windwurfholz), Rehbauer, Rehgraber, Reiterer, Reithofbauer, Reithofer, Sagleitner, Sagmeister, Sagmühl, Schlagbauer, Stockbauer (gerodete Waldstelle mit stehengebliebenen Baumstrünken = Stöcken?), Stüber (nach dem Holzgefäß Stübich), Tannbauer, Tannhofbauer, Waldbauer, Waldfranzl, Waldseferl, Widenschneider, Wolfförstel (Förstel = Forstbeamter).


Download der Seminararbeit “Hofnamen in der Buckligen Welt. Ein Beitrag zur Namenkunde in den Bezirken Wiener Neustadt-Land und Neunkirchen”: bargmann_hofnamen_seminararbeit (pdf).


Siehe auch die Beiträge “Siedlungsnamen in der Buckligen Welt” und “Flurnamen in der Buckligen Welt” in diesem Blog.